Donnerstag, 30. August 2018

Road to Nizza

Am 19. August schloss ich die Haustür hinter mir ab, setzte mich auf mein Fahrrad und fuhr los. Mein Ziel: das Mittelmeer. Ob ich es erreichen würde lag für mich bis dahin noch völlig im Ungewissen. Dies war die bisher längste und anspruchvollste  Route die ich auf einem Fahrrad zurücklegen wollte. Die Strecke führte von Bonn durch die Eifel, Luxemburg, rüber nach Frankreich. Dann vorbei an Metz, Nancy, Besancon, rüber zur Schweiz entlang am Genfer See, durch Genf und wieder zurück nach Frankreich. Die Route führte an Annecy vorbei und durch die Alpen. Dabei ging es über so bekannte Pässe wie den Col du Telepgraph, Col du Galibier und nach Briancon über den Col de la Bonette durch die französischen Seealpen und runter ans Meer nach Nizza. 8 Tage später und nach 1162 km, 15863 Höhenmetern und 54 Stunden und 2 Minuten reiner Fahrzeit rollte ich in den Hafen von Nizza, meinem geplanten Ziel.

DIES IST KEIN REISEBERICHT

Denn dazu hätte das ganze eine Reise sein müssen. Ok, nach gängiger Definition würde auch diese Tour unter den Begriff "Reise" fallen. Jedoch fühlte ich mich auf meinem Rad stets wie zuhause und auch wenn ich die Nächte im Zelt verbrachte hatte das Ganze doch eher den Charakter einer längeren, sportiven Radausfahrt. Es würde sich irgendwie nicht richtig anfühlen jede Straßenkreuzung, die Schotterpassagen, Waldwege, die steilen und langen Pässe und die vielen kleinen Dörfer am Weg zu beschreiben. Denn es waren weniger die visuellen Eindrücke die davon in mir haften blieben als die Emotionen die ich dabei verspürte, wenn ich dort entlangfuhr.
Auf Twitter habe ich unter #roadtonizza (LINK zu Twitter) sozusagen live von der Tour berichtet. Und auf Strava findet man meine Streckenaufzeichnung:
Etappe 1
Etappe 2
Etappe 3
Etappe 4
Etappe 5
Etappe 6
Etappe 7
Etappe 8

Aber nichts davon kann das wirklich wiederspiegeln was diese Fahrt in mir angestoßen hat. Nach vielen Besuchen und Urlauben in Frankreich habe ich das Land und die Leute dort nochmal komplett anders kennengelernt. Als Radfahrer unterwegs in der Radsportnation Frankreich fährt man offene Türen ein.
Und ich habe mich nochmal neu kennengelernt.
Der Moment als ich nach wenigen Tagen schon die Schweizer Grenze passierte machte mir bewusst wie weit ich bereits gekommen war. Und als ich Nizza nach bereits so kurzer Zeit erreichte und die Tage Revue passieren ließ dämmerte mir langsam was ich da soeben geschafft hatte und was alles noch möglich wäre.
Und damit meine ich nicht 5 Grad kalte Pässe in kurzer Hose zu überqueren oder die Nächte nur in einer warmen Jacke statt einem richtigen Schlafsack zu verbringen. Auch meine ich damit nicht, auf die typische Kochausstattung zu verzichten und sich mit kalter Küche zu begnügen oder sogar die ersten 50km des Tages mit leerem Magen zu strampeln. Das für so eine Radtour nur eine Radhose reicht, haben auch schon andere vor mir festgestellt. Und das sich unterwegs (fast) alles irgendwie improvisieren oder organisieren lässt ist auch kein Geheimnis. Aber obwohl ich schon vor über 30 Jahren das Radfahren gelernt hatte und seitdem immer ein Fahrrad besessen habe, habe ich wohl erst mit dieser Tour seine Möglichkeiten wirklich begriffen:
Fahrräder sind gefährlich! Wenn Du Dich auf ein Fahrrad setzt könnte es Dich überall hinbringen.